Bei Arthritiden auch an seltene infektbedingte Ursachen denken!

Bei Arthritiden handelt es sich i. d. R. um eine Autoimmunerkrankung. In seltenen Fällen können entzündliche Gelenkbeschwerden aber auch durch eine Infektion verursacht werden, etwa bei einer septischen Arthritis, einer Lyme-Borreliose oder beim Chikungunya-Fieber. Das Wichtigste ist: daran zu denken, damit frühzeitig mit der richtigen Therapie begonnen werden kann.

„Die Synovia ist empfänglich für eine bakterielle Besiedelung“, sagte Prof. Dr. Robert Schoen von der Yale-Universität in New Haven in den USA beim EULAR 2019 in Madrid. 80 Prozent aller septischen Arthritiden würden durch grampositive Staphylokokken und Streptokokken ausgelöst, nur etwa 10 Prozent durch gramnegative Keime, die mit einem besonders schweren Verlauf einhergehen. Bei 80 bis 90 Prozent der Patienten ist nach Angaben des Rheumatologen nur ein großes Gelenk betroffen – am häufigsten das Knie, gefolgt von Hüfte und Ellenbogen. Das Risiko einer septischen Arthritis bei RA-Patienten hat sich durch den Einsatz von TNF-alpha-Blockern verdoppelt, berichtete Schoen, allerdings ist das absolute Risiko immer noch gering. Im britischen RA-Register liegt die Infektionsrate in der anti-TNFα-Kohorte bei 4,2 pro 1.000 Patientenjahre. Am größten ist das Risiko zu Beginn der Therapie. Laut einer französischen Kohortenstudie hat das Alter von RA-Patienten, die wegen einer septischen Arthritis stationär aufgenommen werden mussten, die letzten Jahre zugenommen. Zunehmend häufig werden Infektionen mit MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Stämme) festgestellt.

Empfohlen wird bei Verdacht auf eine septische Arthritis vor Beginn der Antibiotikatherapie eine Gram-Färbung und eine Kultur der Synovialflüssigkeit, deren Sensitivität allerdings gering ist. Weiße Blutkörperchen >50.000 in der Synovialflüssigkeit weisen ebenfalls auf eine Infektion hin, Entzündungsmarker im Serum sind hingegen von begrenztem diagnostischen Wert. Blutkulturen sind bei etwa jedem dritten Patienten mit septischer Arthritis positiv.

Praxistipp

In der empirischen Therapie werden nach Angaben von Schoen üblicherweise Breitspektrum-Antibiotika inklusive Vancomycin zur Abdeckung von MRSA-Keimen eingesetzt. Bei kritisch kranken, älteren oder immunsupprimierten Patienten sollte auch an die Abdeckung gramnegativer Keime gedacht werden. Die Therapie sollte über vier bis sechs Wochen fortgesetzt werden. Zusätzlich wird eine Gelenkdrainage empfohlen.

 

Auch bei einer durch Zecken übertragenen Lyme-Borreliose sind Gelenkbeschwerden häufig. Etwa die Hälfte der Patienten entwickeln eine intermittierende Arthritis, rund 10 Prozent eine chronische Arthritis und knapp 20 Prozent Arthralgien, so Schoen. Auch in dieser Patientengruppe sind vor allem große Gelenke, insbesondere das Knie, betroffen. Typisch sei ein oligoartikulärer asymmetrischer Verlauf. „I. d. R. ist die Erkrankung durch eine Antibiotikatherapie in 28 Tagen zu heilen“, sagte Schoen. Üblicherweise erfolgt dabei eine kombinierte Behandlung mit Doxycyclin und Amoxicillin (oral über 28 Tage) sowie Ceftriaxon und Penicillin (i. v. über 14 bis 28 Tage). Bei einer refraktären Lyme-Arthritis kommen intraartikuläre Kortikosteroide, kurzzeitig DMARDs (MTX, TNF-alpha-Blocker) oder eine arthroskopische Synovektomie infrage.

Mit Chikungunya-Fieber ist in Deutschland nur bei Rückkehrern von Fernreisen und bei Migranten zu rechnen. Das Virus wird vor allem in Afrika, Nord- und Südamerika, Teilen Australiens und Südostasien durch die Stechmücken Aedes aegyptii oder Aedes albopictus übertragen. Bei bis zu einem Viertel der Betroffenen verläuft die Infektion asymptomatisch. Bei den übrigen zeigt die Erkrankung (wie die Lyme-Borreliose) einen Verlauf in zwei Phasen: initial hohes Fieber und schwere Gelenkschmerzen, gefolgt von einer chronischen Arthritis bei etwa der Hälfte der Infizierten. Meist liegt eine schmerzhafte Polyarthritis mit Schwellungen vor allem an Händen und Füßen vor, die nach Angaben von Schoen leicht mit einer RA verwechselt werden kann. Körperliche Beeinträchtigungen könnten über Monate anhalten. Behandelt werden die Patienten supportiv mit NSAR und Kortikosteroiden. Für die Wirksamkeit von MTX oder Biologika gibt es nur wenig Evidenzen.

Quelle

  • EULAR, 14.06.2019, Madrid. Session: „Paradigm shifts in arthritides“. Robert Schoen: Diagnosis and treatment of infection related arthritides.