Cave: Erhöhtes Risiko für arterielle und venöse Thromboembolien bei Rheuma-Patienten

Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen haben nicht nur ein deutlich erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Auch mit vermehrten venösen Thromboembolien muss gerechnet werden. Wie hoch das Gefäßrisiko ist, hängt auch von den eingesetzten Medikamenten ab. Dr. Zoltán Szekanecz, Rheumatologe an der Universität von Debrecen/Ungarn, gab beim diesjährigen eEULAR-Kongress einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand.

„Die Entzündung ist der hauptsächliche Treiber thromboembolischer Ereignisse“, so Szekanecz, sowohl in den Arterien als auch den Venen. Auch bei den weiteren Risikofaktoren für arterielle (ATE) und venöse Thromboembolien (VTE) gibt es große Überlappungen. Faktoren, die das Gefäßrisiko in Arterien und Venen erhöhen, sind eine positive Familienanamnese, Übergewicht, Diabetes mellitus, Dyslipidämie (riskant sind neben hohen auch niedrige Lipidwerte) und Rauchen.

Das Risiko für ATE nimmt zudem mit dem Alter und bei Einsatz von Statinen, Glukokortikoiden und vermutlich auch NSAR zu, während Knieersatz, periphere Venenerkrankungen, kongestive Herzinsuffizienz sowie Hormonersatz- therapie zu den weiteren Risikofaktoren von VTE zählen.

Zurück zum spezifischen Gefäßrisiko: Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) seien in einem prothrombotischen Zustand, viele Koagulationsfaktoren (u. a. Faktor VIII, XIIa, van Willebrand-Faktor) und Fibrinolysefaktoren (u. a. Fibrinogen, t-PA, D-Dimer) seien erhöht, berichtete Szekanecz. Das kardiovaskuläre Risiko und die kardiale Mortalität von Patienten mit RA, aber auch mit systemischem Lupus erythematodes oder axialen Spondylarthritiden ist laut Studien im Vergleich zur Normalbevölkerung 1,5-fach bis zu 2-fach erhöht.

Bei einer guten Entzündungskontrolle bei Rheumapatienten, z. B. unter Biologika, verringern sich auch die prothrombotischen Marker und das arterielle Gefäßrisiko. Eine Metaanalyse konnte zeigen, dass bei Patienten mit RA, PsO und PsA, die eine TNFi-Therapie erhielten, das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen um 30 %, das Herzinfarkt-Risiko um 40 % und das Risiko für schwerwiegende arterielle Komplikationen (MACE) sogar um 70 % reduziert war (die Angaben sind Durchschnittswerte, gemittelt über alle TNFa-Blocker). Auch für eine Therapie mit konventionellen (cs) DMARDs, wie Methotrexate (MTX) konnte eine z. T. signifikante Verringerung des kardiovaskulären Risikos nachgewiesen werden. Nicht-TNFI-Biologika und gezielt wirkende (ts) DMARDs werden überwiegend neutral gewertet und haben vermutlich keinen Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko der Patienten. Zu beachten sei, dass durch einige Biologika wie Adalimumab und Tocilizumab, ebenso wie durch MTX, die Cholesterinwerte erhöht würden, so Szekanecz. Es wird vermutet, dass eine Therapie mit NSARs ein Risikofaktor für arterielle Gefäßkomplikationen darstellt, aber die Studienlage ist nach Angaben des Rheumatologen uneinheitlich. Der längerfristige Einsatz von Kortikosteroiden wurde in den meisten Studien mit einem erhöhten ATE-Risiko assoziiert.

Wie ist die Datenlage zum VTE-Risiko von Rheuma-Patienten? Während die VTE-Inzidenz in der Allgemeinbevölkerung bei 0,1 bis 0,4 pro 100 Patientenjahre liegt, ist sie bei RA-Patienten mit 0,3 bis 0,7 pro 100 Patientenjahre etwa doppelt so hoch – weitgehend unabhängig von der Therapie. Bei Einsatz der neuen Substanzklasse der Januskinase-Inhibitoren sei jedoch nach den bisherigen Erkenntnissen mit einem erhöhten VTE-Risiko zu rechnen, so Szekanecz. Dies gelte insbesondere für Patienten mit weiteren Risikofaktoren wie hohem Alter oder Übergewicht.

Fazit

Beim Management von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sollten alle Chancen zur Verringerung des Gefäßrisikos genutzt werden, resümierte der Rheumatologe. Dazu zählten die Modifikation von Lebensstilfaktoren (Nikotinentwöhnung, körperliche Aktivität), gute Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren, gute Entzündungskontrolle und im Hinblick auf die positiven Effekte der präferierte Einsatz protektiver DMARDs wie MTX und TNFi.

 

Quelle

  • HOT Session: Arterial and venous risks and management in inflammatory rheumatic diseases. Dr. Zoltán Szekanecz, Debrecen / Ungarn. eEULAR-Congress, 05.06.2020.