Gichtarthritis systematisch behandeln

von Silke Jäger, Fachjournalistin Gesundheitswesen, Marburg, www.silke-jaeger.de

Gichtpatienten werden oft weder systematisch noch konsequent behandelt, obwohl die Gicht prinzipiell gut therapierbar ist. Eine neue fachärztliche Leitlinie der Evidenzklasse S2e soll nun dazu beitragen, dass sich die medizinische Versorgung bei Gichtarthritis verbessert.

Die Leitlinie richtet sich nicht nur an Rheumatologen, sondern auch an andere Fachärzte, die Gichtpatienten behandeln. Außerdem an nichtärztliche Berufsgruppen, wie zum Beispiel Oecotrophologen und Physiotherapeuten. Für Patienten und Angehörige kann sie zur Orientierung beitragen.

Sicher diagnostizieren 

Besteht der Verdacht auf einen Gichtanfall, sollte zuerst eine bakterielle Arthritis ausgeschlossen werden. Die Leitlinie zur fachärztlichen Versorgung der Gichtarthritis empfiehlt zur Differenzialdiagnostik eine Punktion des Gelenks, um Natriumuratkristalle und Erregerwachstum in der Gelenkflüssigkeit festzustellen. Zur Sicherung der Diagnose – oder wenn eine Gelenkpunktion nicht möglich ist –, sollten bildgebende Verfahren eingesetzt werden. Dabei haben Ultraschalluntersuchungen von Gelenken und parartikulären Weichteilen (Arthrosonographie) sowie die Dual-Energy-Computertomographie (DECT) die höchste Aussagekraft:

  • Die Arthrosonographie liefert im Falle einer Gichtarthritis Aufnahmen, die das sogenannte Doppelkonturzeichen am Knorpel zeigen und Tophi nachweisen. Vor allem bei schon länger bestehender Gichtarthritis können mithilfe konventioneller Röntgenaufnahmen knöcherne Erosionen dargestellt werden.
  • Bei der DECT kann das unterschiedliche Röntgenabsorptionsverhalten von kalziumhaltigen Strukturen und Natriumurat einen Hinweis auf Gichtarthritis liefern.

Therapien kombinieren 

Die Therapie der Gichtarthritis hat grundsätzlich zwei Ziele: Schmerzen und Entzündungen schnell einzugrenzen und die Serumharnsäure nachhaltig zu senken. Die Leitlinie Gichtarthritis empfiehlt die folgende Vorgehensweise.

Medikamentöse Therapie 

  • Zur raschen Reduktion von Schmerz und Entzündungen (in alphabetischer Reihenfolge) in Abhängigkeit von vorbestehenden Erkrankungen:
  • - niedrig dosiertes Colchicin
  • - Glukokortikoide
  • - nicht-steroidale Antirheumatika
  • Bei schweren Komorbiditäten und rezidivierenden Gichtattacken (> 3 pro Jahr) oder wenn Glukokortikoide ausgeschlossen sind – z. B. Interleukin-1ß-Antikörper
  • Zur Senkung der Serumharnsäure:
  • - Urikostatika (1. Wahl): Allopurinol (einschleichend dosieren) und Febuxostat
  • - Alternativ oder ergänzend bei bestimmten Patienten: Urikosurika
  • - Begleitend: vierteljährliche Kontrolle der Serumharnsäure

Sollte sich die Symptomatik innerhalb von 24 bis 72 Stunden nicht bessern, muss die Therapie zielorientiert angepasst werden.

Zielwerte Serumharnsäure 

  • Zur Reduktion des Rezidivrisikos: < 6 mg/dl Serumharnsäure
  • Bei schweren Gichterkrankungen: < 5 mg/dl Serumharnsäure, um Tophusgröße zu reduzieren

Patientenedukation 

Zielgerichtete Patientenschulungen über Erkrankung, Ursachen und sinnvolle Verhaltensänderungen

  • erhöhen die Therapietreue und
  • sorgen für schnelleres Erreichen der Serumharnsäurezielwerte.

Schwere Gichtarthritis vermeiden 

Rezidivierende Gichtanfälle, wie sie initial vorkommen, können zu einer fortgeschrittenen Gicht führen, die durch wiederkehrende akute Schübe gekennzeichnet ist. Unbehandelt kann sie in eine chronisch-tophöse Form münden, die schwere Konsequenzen für die Lebensqualität hat. Circa 75 % der unbehandelten Gichtpatienten entwickeln diese Gichtform nach 20 Jahren.

Quellen