Im Fokus: Der Einfluss der Hormone bei Rheuma-Patientinnen

Geschlecht und Sexualhormone beeinflussen Entwicklung und Verlauf rheumatologischer Erkrankungen. Die Wirkmechanismen sind aber längst nicht vollständig geklärt. Hormonelle bzw. reproduktive Fragestellungen und Fakten in der Rheumatologie, die bei der Versorgung von Rheuma-Patientinnen beachtet werden sollten, wurden bei der Jahrestagung der EULAR 2018 in Amsterdam in einem eigenständigen Symposium fokussiert (1).

Wirkung von Sexualhormonen

Sexualhormone beeinflussen die Immunantwort, sagte Dr. Maurizio Cutolo von der Universität Genua. Östrogene verstärkten die Immunantwort, zumindest die humorale, Androgene und Progesteron (sowie Glukokortikoide) würden die natürliche Immunantwort unterdrücken. Frauen erkranken um den Faktor 2 bis 3 häufiger an RA als Männer. Besonders hoch ist das Erkrankungsrisiko bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr, also in der Postmenopause. Ein Widerspruch zur These der Östrogenabhängigkeit von Autoimmunerkrankungen?

Sexualhormone wirken im Gewebe auch lokal, erläuterte der Rheumatologe, und führen vermutlich in erster Linie zu einer Modulation der Zellproliferation. Sowohl bei Frauen als auch Männern mit chronisch-entzündlichen rheumatischen Immunerkrankungen werde in der Peripherie die Bildung von Östrogenen bzw. Östrogen-Metaboliten gefördert. In der Synovialflüssigkeit von RA-Patienten z. B. wurden vermehrt Östrogene und ein erhöhtes Verhältnis von Östrogenen zu Androgenen nachgewiesen.

Der Lupus ist mit einem Anteil von rund 90 % fast eine reine Frauenkrankheit und betrifft vor allem Frauen im gebärfähigen Alter. In Studien wurde bereits ein Zusammenhang zwischen dem Profil weiblicher Sexualhormone und der Krankheitsaktivität festgestellt. Zudem ist während der Schwangerschaft und in den ersten Monaten nach der Geburt das Exazerbationsrisiko erhöht – in einer Größenordnung von 20 bis zu 70 %, abhängig aber auch von der medikamentösen Therapie (2). Zum Organschutz, vor allem der Nieren, wird bei Frauen mit SLE eine Anti-Östrogen-Therapie diskutiert, so Cutolo.

Blickpunkt Verhütung

Bei der Beratung der Patientinnen sollte auch die Verhütung thematisiert werden. Der Gebrauch kombinierter oraler Kontrazeptiva sollte auf stabile Patientinnen ohne schwere Erkrankung und ohne Risikofaktoren für Thrombosen beschränkt werden, so der Rheumatologe. In einem systematischen Literatur-Review war die Einnahme solcher Präparate mit einem erhöhten Thromboserisiko assoziiert, die Krankheitsaktivität wurde hingegen durch Kontrazeptiva bei Frauen mit stabilem oder inaktivem SLE nicht beeinflusst (3). Beachtet werden sollte auch der Antikörper-Status von SLE-Patientinnen, ergänzte PD Dr. Frauke Förger aus Bern. Kontrazeptiva mit Östrogenen sollten nur Patientinnen mit mildem oder stabilem SLE ohne Antiphospholipid-Antikörper gegeben werden, nicht aber Antiphospholipid-positiven Frauen. Empfehlenswert seien für letztere nur Pillen, die lediglich Progesteron enthielten, alternativ Intrauterindevices.

Die Einnahme oraler Kontrazeptiva wurde auch mit den Erkrankungsrisiken für RA und SLE assoziiert. In einer aktuellen schwedischen Fall-Kontroll-Studie korrelierte jegliche Einnahme mit einem um 13 % verringerten RA-Risiko – im Vergleich zu Frauen, die nie Kontrazeptiva anwendeten (4). Besonders deutlich war bei Frauen, die die Pille nahmen, das Risiko einer ACPA-positiven RA verringert, berichtete Förger. Mit zunehmender Dauer der Verhütung zeigte sich der protektive Effekt immer deutlicher. Anders sieht die Datenlage beim SLE aus. Die Einnahme kombinierter oraler Kontrazeptiva war nach Angaben von Förger sowohl in der umfangreichen Nurses´ Health Study in den USA als auch in einer Meta-Analyse der Daten von 4 Fall-Kontroll-Studien mit einer leichten Erhöhung des SLE-Risikos relativ um 40 bis 50 % verbunden.

Quellen

  • Reproductive issues in Rheumatology, EULAR 2018, 14.06.2018, Amsterdam
  • Eudy Am, Siega-Riz AM, Engel SM et al., Ann Rheum Dis 2018; 77: 855-860
  • Gensous N et al., Rev Med Interne 2017; 38(6): 358-367
  • Orellana C et al., Ann Rheum Dis 2017; 76: 1845-1852