Labor: Doppelte Budgethaftung!

In den Ausgaben 1 und 2/2012 des RheumaGuides haben wir über die Änderungen der Vergütungsregelungen für selbst erbrachte Laborleistungen ab dem 3. bzw. dem 4. Quartal 2012 berichtet – je nachdem, zu welchem Zeitpunkt die Änderungen in den einzelnen KVen umgesetzt werden. Zur künftigen Vergütung der Laborleistungen erreichten die Redaktion mehrere Anfragen, insbesondere dazu, welche Wechselwirkungen zwischen dem schon immer im EBM festgelegten Laborbudget und dem jetzt beschlossenen Referenzfallwert in Höhe von 40 Euro je Fall für Rheumatologen zu beachten sind. 

Laborbudget EBM

Für die Abrechnung von Laborleistungen ist im EBM ein Laborbudget definiert, bei dessen Überschreitung überschüssige Leistungen gegen den Wirtschaftlichkeitsbonus „Labor“ aufgerechnet werden. Für jeden kurativ ambulanten Arztfall, ausgenommen Überweisungsfälle nur mit Auftragsleistungen, erhalten Rheumatologen den Wirtschaftlichkeitsbonus „Labor“ in Höhe von 130 Punkten (dies entspricht 4,56 Euro bei einem Punktwert von 3,5048 Cent). Die Vergütung des Laborbonus wird gekürzt, wenn das EBM-Laborbudget mit Leistungen des Allgemeinlabors oder des Speziallabors überschritten wird. 

Die Laborleistungen sind im EBM mit Euro-Beträgen ausgewiesen. Der Grund dafür ist, dass das Laborkapitel vertraglich mit den Krankenkassen vereinbart wird und nicht durch den Bewertungsausschuss. Der Bewertungsausschuss seinerseits kann die Bewertung von Leistungen gem. § 87 Abs. 2 SGB V nur in Punkten ausdrücken. Da der Wirtschaftlichkeitsbonus in Punkten ausgewiesen ist, erfolgt die Gegenrechnung der Eurobeträge der Laborleistungen derart, dass die Eurobeträge des Allgemeinlabors mit dem Faktor 26,6 und die Eurobeträge des Speziallabors mit 28,6 multipliziert werden. Durch die Multiplikation ergibt sich eine Punktzahl, die auf das Laborbudget angerechnet wird. 

Für das Laborbudget sind für die verschiedenen Arztgruppen Grenzwerte in Punkten für das Allgemeinlabor und das Speziallabor festgelegt, differenziert nach Punktzahlen für Allgemein-Ver­sicherte (M/F-V) und Rentner-Versicherte­ (RV). Das Laborbudget für das Allgemeinlabor beträgt für Rheumatologen für M/F-V 60 Punkte je Fall und für RV 80 Punkte, für das Speziallabor sind es 310 bzw. 300 Punkte je Fall. 

 

Beispiel: EBM-Laborbudget  

Eine rheumatologische Praxis hat 800 kurativ-­ambulante Fälle, davon 500 M/F-V und 300 RV. 

  • Der Wirtschaftlichkeitsbonus beträgt 800 x 130 Punkte = 104.000 Punkte
  • Das Laborbudget für das Allgemeinlabor beträgt 500 x 60 für M/F-V plus 300 x 80 Punkte für RV = 54.000 Punkte
  • Das Budget für das Speziallabor beträgt 500 x 310 Punkte für M/F-V plus 300 x 300 Punkte für RV = 245.000 Punkte

Werden die Grenzwerte im Allgemein- oder im Speziallabor überschritten, werden die überzählig abgerechneten Punktzahlen vom Wirtschaftlichkeitsbonus abgezogen, der im Extremfall bis auf 0 zurückgehen kann. 

Laborbudget nach Referenz-Fallwert

Die im Beispiel angeführte Praxis hätte bei 800 Fällen bei dem Referenzwert von 40 Euro je Fall ein Budget von 32.000 Euro für Leistungen des Speziallabors. Auf den Referenz-Fallwert werden nur in der Praxis erbrachte und mit der KV abgerechnete Leistungen des Speziallabors angerechnet. Wird der Grenzwert von 32.000 Euro für Speziallabor-Leistungen überschritten, werden überschüssige Leistungen nicht vergütet. 

Beachten Sie: Für die Vergütung der Laborleistungen wird für jedes Quartal eine Quote festgelegt, die 95,36 Prozent für das 4. Quartal 2012 beträgt. Bei Erreichen der durch den Referenz-Fallwert gebildeten Vergütungsobergrenze würden somit nicht 32.000 Euro sondern lediglich 95,36 % davon vergütet, das entspricht 30.515,20 Euro. 

EBM-Laborbudget und Referenz-Fallwert

Der Referenz-Fallwert in Höhe von 40 Euro je Fall wird nur auf die Leistungen des Speziallabors angewendet, aber auch das EBM-Laborbudget gibt es weiterhin. In der oben angeführten Beispielpraxis mit 800 Fällen beträgt das EBM-Budget für das Speziallabor 245.000 Punkte. Bei Umrechnung mit dem Faktor für das Speziallabor (28,6) entspricht das einem Betrag von 8.566,43 Euro. Wird dieser Grenzwert mit der Abrechnung von Speziallabor-Leistungen überschritten, erfolgt eine Minderung des Wirtschaftlichkeitsbonus. 

Die EBM-Obergrenze für das Speziallaborbudget (245.000 Punkte, entsprechend 8.586,76 Euro) ist somit deutlich niedriger als die mit dem Referenzwert gebildete Vergütungsobergrenze für Speziallabor-Leistungen (800 x 40 Euro = 32.000 Euro). 

Wird die EBM-Obergrenze für das Speziallabor überschritten, werden überschüssige Leistungen gegen den Wirtschaftlichkeitsbonus aufgerechnet. 

Werden in der Beispielpraxis mit 800 Fällen über das EBM-Laborbudget hinaus insgesamt 104.000 Punkte mit Leistungen des Speziallabors (nach Umrechnung mit dem Faktor 28,6) abgerechnet, wäre der Wirtschaftlichkeitsbonus bei 0 angelangt. Die 104.000 Punkte des Wirtschaftlichkeitsbonus entsprechen bei einem Punktwert von 3,5048 Cent 3.644,99 Euro. In der Beispielpraxis wäre damit mit 12.231,75 Euro für Speziallaborleistungen (EBM-Budget in Höhe von 8.586,76 Euro plus Wirtschaftlichkeitsbonus 3.644,99 Euro) die Grenze erreicht, bei der der Wirtschaftlichkeitsbonus vollständig aufgezehrt wäre. Werden darüber hinaus weiter Speziallaborleistungen abgerechnet, werden diese weiter vergütet. Werden deutlich mehr Speziallaborleistungen abgerechnet, wird irgendwann die durch den Referenz-Fallwert in Höhe von 32.000 Euro festgelegte Obergrenze erreicht. Über diese Obergrenze hinaus abgerechnete Leistungen werden nicht vergütet. 

Maßnahmen

Bei den obigen Ausführungen mit den Erläuterungen anhand einer Beispielpraxis fragt man sich, warum die Vergütungsregelung mittels Referenz-Fallwert beschlossen wurde, greift doch das EBM-Laborbudget deutlich früher. Hintergrund ist, dass auf das EBM-Laborbudget – im Gegensatz zum Budget nach dem Referenz-Fallwert – diejenigen Laborleistungen nicht angerechnet werden, die bei bestimmten – überwiegend schweren oder chronischen – Erkrankungen anfallen. Bei den entsprechenden Erkrankungen ist auf dem Behandlungsausweis und auch bei Überweisungen eine der Ausnahmekennziffern 32005 bis 32023 anzugeben. 

 

EBM-Laborbudget: Wichtige Ausnahmekennziffern (Legenden gekürzt):  

  • 32012 bei Tumorerkrankungen unter parenteraler Behandlung oder bei progredienten Malignomen unter Palliativbehandlung
  • 32015 bei oraler Antikoagulantientherapie
  • 32016 präoperative Labordiagnostik vor ambulanten oder belegärztlichen Eingriffen in Narkose oder in rückenmarksnaher Regionalanästhesie
  • 32017 bei manifester angeborener Stoffwechsel- und/oder endokrinologischer Erkrankung bis zum 18. Lebensjahr
  • 32019 bei Erkrankungen unter systematischer Zytostatika- oder Strahlentherapie
  • 32022 bei Diabetes melitus
  • 32023 bei rheumatoider Arthritis und Kollagenosen unter immunsubpressiver oder immunmodulierender Langzeit-Basistherapie.

Bei jedem Patienten sollte geprüft werden, ob eine Erkrankung vorliegt, die zur Angabe einer (oder mehrerer) der angegebenen Kennziffern berechtigt. 

Wird eine dieser Kennziffern notiert, werden alle in diesen Fällen erbrachten Laborleistungen nicht auf das EBM-Laborbudget angerechnet – weder auf das Allgemein- noch auf das Speziallabor-Budget. Dabei ist es unerheblich, ob die erbrachten Laborleistungen im Zusammenhang mit der durch die Kennziffer angegebenen Erkrankung stehen. Auch muss der die Kennziffer notierende Arzt nicht in die Behandlung der Erkrankung, für die die Kennziffer angegeben wird, eingebunden sein. So kann ein Rheumatologe durchaus zum Beispiel die Nummer 32022 bei Patienten mit Diabetes mellitus angeben, auch wenn er in die Behandlung des Diabetes nicht eingebunden ist. 

Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die Kennziffern in allen berechtigten Fällen angegeben werden, und zwar sowohl auf dem eigenen Abrechnungsschein und insbesondere bei Überweisungen an Laborgemeinschaften oder an Laborärzte. Erfahrungsgemäß wird die Angabe der Kennziffern bei Überweisungen häufig vergessen. 

Für das Budget nach dem Referenz-Fallwert haben die Kennziffern keine Auswirkungen, hier werden alle Leistungen angerechnet. Während auf das EBM-Laborbudget auch an Laborgemeinschaften bzw. an andere Ärzte (Laborärzte) überwiesene Leistungen angerechnet werden, ist das beim Budget nach dem Referenz-Fallwert nicht der Fall. 

Fazit

Die Vergütung der Speziallabor­leistungen schlägt eigenartige Kapriolen. Zunächst werden diese vergütet, bis die Obergrenze des EBM-Speziallaborbudgets erreicht ist. Bei dessen Überschreitung erfolgt zwar eine weitere Vergütung, aber die überschüssigen Laborleistungen werden gegen den Wirtschaftlichkeitsbonus aufgerechnet, bis dessen Vergütung vollständig aufgezehrt ist. Werden noch darüber hinaus Speziallaborleistungen abgerechnet, werden diese zunächst weiter vergütet, bis die durch den Referenz-Fallwert festgelegte Obergrenze erreicht ist. Noch darüber hinaus abgerechnete Speziallaborleistungen werden nicht vergütet.