„Reichtum im Alter“ – das MVZ als Altersversorgung

von Rechtsanwalt Dr. Thomas Willaschek, Fachanwalt für Medizinrecht, Partner der DIERKS + BOHLE Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin

Mit Mitte 50 beginnen die meisten Praxisinhaber, sich Gedanken über die weitere Lebensplanung zu machen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei das Wann und Wie der Praxisabgabe. Viele Ärzte trennen sich zögerlich vom Lebenswerk, außerdem kann der Übergang in die Rente zu einer deutlichen Absenkung des Lebensstandards führen. Der für die Praxis erzielbare Verkaufspreis kompensiert diese Nachteile nicht immer. Hinzu kommt, dass es derzeit schwerfällt, am Kapitalmarkt eine interessante Rendite zu erwirtschaften. Wer sich vor diesem Hintergrund wünscht, weiterhin – und bis ins hohe Alter – „Praxisinhaber“ bleiben zu können, für den kann ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) eine Option sein.

Warum MVZ? Warum als GmbH? 

Nur das MVZ in Form einer GmbH bietet die Möglichkeit, gleichzeitig Inhaber und Angestellter zu sein. Für Einzelpraxisinhaber mit angestellten Ärzten ist es die einzige Option, weiter allein Gesellschafter zu sein und keine Partner aufnehmen zu müssen. Außerdem ist es für diese – wie auch für starke Seniorpartner von Berufsausübungsgemeinschaften – die einzige legale Gestaltung, um die eigene ärztliche Tätigkeit weitestgehend zu reduzieren, trotzdem „Chef im eigenen Haus“ zu bleiben und die Gewinne des MVZ zu entnehmen.

Gründer und Betreiber eines solchen MVZ kann jeder Vertragsarzt sein. Das gilt auch für den, der auf seine Zulassung verzichtet hat, um in seinem eigenen MVZ selbst als Angestellter weiter vertragsärztlich tätig zu sein. Solange die vertragsärztliche Tätigkeit fortgeführt wird, bleibt ein Arzt also zulässiger MVZ-Inhaber. Er kann dann Mitgesellschafter oder Alleingesellschafter der MVZ-Gesellschaft sein, in der er gleichzeitig Angestellter ist. Dieser scheinbar schwierige Spagat ist rechtlich gut umsetzbar.

Wie stark muss sich der MVZ-Inhaber einbringen? 

Ein Vertragsarzt muss mindestens einen hälftigen Versorgungsauftrag ausfüllen und damit mehr als zehn Stunden in der Woche für die Patientenversorgung zur Verfügung stehen – die KVen überprüfen das anhand der über die lebenslange Arztnummer abgerechneten Leistungen. Zehn Stunden sind recht viel, wenn man eigentlich im Ruhestand sein möchte. Dazu kommt, dass ein halbes Budget (RLV o. Ä.) in Anspruch genommen wird, auf dem zumindest doppelt so viel gearbeitet werden könnte. Deshalb erscheint ein Festhalten an der eigenen Zulassung nicht als geeignete Lösung.

Im Gegensatz dazu kann ein Versorgungsauftrag für Angestellte geviertelt werden. So reicht auch eine Tätigkeit von deutlich unter zehn Wochenstunden für den Inhaber bzw. Gesellschafter einer MVZ-Gesellschaft, der nicht Vertragsarzt ist, aus. Drei Stunden pro Woche zu arbeiten, ist für viele Ärzte evtl. schon eher denkbar. Daneben besteht die Möglichkeit, sich bei Urlaub und Krankheit vertreten zu lassen, sodass in der Praxis weiter gearbeitet wird.

Für Rheumatologen kann es – wenn auch das letzte Viertel des eigenen RLV nicht beeinträchtigt werden soll – sinnvoll sein, rechtzeitig einen (halben) hausärztlichen Sitz ins MVZ zu integrieren und schließlich ein Viertel dieses Sitzes zu besetzen. Das wirtschaftliche Potenzial müsste im Einzelfall analysiert werden.

Vertragsarztrechtlich darstellbar ist auch, ein sog. Jobsharing in das MVZ zu transferieren bzw. als Angestellter im eigenen MVZ zu beginnen. Ein solches bewirkt, dass sich der MVZ-Inhaber und ein jüngerer Arzt selbst den geviertelten Versorgungsauftrag noch teilen – und zwar nicht hälftig, sondern flexibel. Genehmigt der Zulassungsausschuss das Jobsharing, reicht daher minimales persönliches Engagement in der Patientenbetreuung: nach liberaler Auffassung bereits ein einziger Behandlungsfall im Quartal.

Ob sich der MVZ-Inhaber darüber hinaus einbringen möchte, bleibt ihm überlassen. Gestaltungsspielraum bieten insbesondere

  • die Geschäftsführung der MVZ-Gesellschaft und
  • die ärztliche Leitung des MVZ.

Der Geschäftsführer handelt zivilrechtlich für die Gesellschaft, d.h. er vertritt sie bei Vertragsabschlüssen, Kündigungen etc. Der ärztliche Leiter hat die vertragsarztrechtliche Verantwortung für die ärztliche Steuerung der Betriebsabläufe und eine Gesamtverantwortung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung – insbesondere für die Einholung von Genehmigungen, das Anzeigen von Vertretungen und die Unterzeichnung der Abrechnung. Um ärztlicher Leiter zu sein, dürfte es ausreichen, zehn Stunden/Woche im MVZ (0,25 Versorgungsauftrag) angestellt zu sein.

Aber: Der „Teilzeit-Ruheständler“ muss weder die Geschäftsführung noch die ärztliche Leitung übernehmen. Beide Positionen können genauso gut Angestellte oder auch Mitgesellschafter ausfüllen.

Die letzten werden nicht die ersten sein – der eigene „Fünfjahresplan“ 

Es ist, wie gezeigt, einiges möglich, wenn man bereit ist, statt in den Ruhestand zu gehen, Unternehmer zu werden. Elementar ist eine frühzeitige Planung der einzelnen Schritte, vor allem der Umwandlung einer Praxis in ein MVZ und der eigenen Arbeitszeitreduzierung bis nahe Null, aber auch der weiteren im Beitrag genannten Aspekte. Ein Planungshorizont von fünf Jahren erscheint optimal.

Kein Konzept „von der Stange“ 

Weil das Projekt langfristig sinnvoll aufgestellt sein muss, ist „Maßarbeit“ gefragt, Blaupausen verbieten sich. Insbesondere die Standardkonzepte einiger Berater tragen nicht jede Konstellation. Zu guter Letzt sollte von Anfang an ein MVZ-erfahrener Steuerberater in die Überlegungen einbezogen werden.

Weiterführende Hinweise

  • Lesen Sie von Dr. Willaschek zum Thema auch den Beitrag „Drei gute Gründe für die Gründung eines MVZ im Jahr 2016“ im RheumaGuide 2/2016 (unter www.rheumaguide.de im Archiv)
  • Sowie ergänzend den Beitrag „Ist die Anstellung von Ärzten anderer Fachrichtung möglich und sinnvoll?“ im RheumaGuide 1/2014.