Zulassungsrecht zum 1. Januar 2013 geändert: Entschädigung statt Praxisnachfolge?

von Rosemarie Sailer, LL.M. Medizinrecht, Köln, www.kanzlei-wbk.de

Am 1. Januar 2013 ist eine Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie in Kraft getreten. Diese Änderung hat auf bereits zugelassene Ärzte in der Regel keine unmittelbaren Auswirkungen. Eine wesentliche Veränderung, die für Ärzte, die einen Nachfolger für ihre Praxis suchen, auch mit erheblichen ­finanziellen Nachteilen verbunden sein kann, bringt jedoch die ebenfalls seit dem 1. Januar 2013 geltende gesetzliche Neuregelung des Zulassungsrechts. Beide Neuregelungen verfolgen das Ziel, in gesperrten Planungsbereichen Überversorgung abzubauen und langfristig eine ausgewogenere räumliche Verteilung von Vertragsärzten zu erreichen. 

Nachbesetzungsverfahren nicht mehr garantiert

Bislang musste der zuständige ­Zulassungsausschuss auf Antrag ­eines niedergelassenen Vertragsarztes ein Nachbesetzungsverfahren auch in gesperrten Planungsbereichen durchführen. Es galt somit ein Bestandsschutz für diese Praxen. Der neue § 103 Abs. 3 a SGB V sieht demgegenüber etwas ganz anderes vor: Endet nämlich die Zulassung eines Vertragsarztes in zulassungsbeschränkten Planungsbereichen durch Tod, Verzicht oder Entziehung und soll die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden, haben der Vertragsarzt oder seine Erben einen Antrag beim Zulassungsausschuss auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens zu stellen. 

Liegt dem Zulassungsausschuss ein solcher Antrag vor, kann dieser­ nach Prüfung auch ­abgelehnt werden, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist – was regelmäßig in gesperrten Planungsbereichen der Fall sein dürfte. Wird gegen eine Nachbesetzung entschieden, hat die zuständige­ Kassenärztliche Vereinigung (KV) den Vertragsarzt bzw. die Erben zu entschädigen, und zwar in Höhe des Verkehrswerts der Praxis. 

Recht auf Nachbesetzungsverfahren nur in Ausnahmefällen

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Praxis fortgeführt wird durch 

  • einen direkten Erben,
  • einen angestellten Arzt des bis­herigen Vertragsarztes oder
  • einen Vertragsarzt, mit dem die Praxis gemeinsam betrieben wurde.

In diesen Fällen muss weiterhin ein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt werden. Darüber hinaus muss der Zulassungsausschuss bei seiner Prüfung grundsätzlich auch wirtschaftliche Gesichtspunkte­ ­berücksichtigen, etwa wenn ein Vertragsarztsitz innerhalb ­einer ­Berufsausübungsgemeinschaft nachbesetzt werden soll. 

In allen anderen Fällen gilt: Hatten Praxen bisher in gesperrten Planungsbereichen Bestandsschutz, beschränkt sich dieser durch die Neuregelung nun nur noch auf die vermögensrechtliche Komponente. Mit der Erstattung des Verkehrswerts der Praxis kann jedoch eine erhebliche Vermögenseinbuße einher­gehen. Denn nach welcher Methode die ­Berechnung zu erfolgen hat, sagt die Neuregelung nicht. Der KV steht ­bezüglich des unbestimmten Begriffs „Verkehrswert“ damit ein großer ­Ermessensspielraum zu, der gerichtlich nicht voll überprüfbar ist. 

KV könnte den Preis drücken

Dass die KVen voraussichtlich versuchen werden, den Preis für den Arztsitz zu ­drücken, zeigt die Entstehungsgeschichte des neuen § 103 Abs. 3 a SGB V: Im Regierungsentwurf war zunächst ein Vorkaufsrecht der KV an der Arztstelle vorgesehen. Es sollte wie ­gehabt ein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt werden. Der KV sollte­ dann das Recht zustehen, in den Kaufvertrag anstelle des Nachfolgers einzutreten. Zahlen wollte die KV ­allerdings auch nur höchstens den Verkehrswert der Praxis. Das Vorkaufsrecht kann jedoch nur zu den Bedingungen ausgeübt werden, die der Verkäufer mit dem Käufer vereinbart hat, was also die Zahlung des mit dem Nachfolger vereinbarten Preises bedeutet hätte.­ Wohl aus diesem Grund wurde in der nunmehr geltenden Neuregelung die Zuständigkeit des Zulassungsausschusses vorverlagert, sodass dieser bereits das Ausschreibungsverfahren verhindern kann. 

Fazit

Mit den gesetzlichen Neuregelungen werden die unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten für Rheumatologen erheblich eingeschränkt. Auch die neue Bedarfsplanungsrichtlinie kann vor diesem Hintergrund für bereits niedergelassene Ärzte relevant werden: Wer sich plötzlich in einem gesperrten Planungsbereich wiederfindet, muss nun bei Aufgabe der Praxis befürchten, weit weniger zu bekommen als die Praxis tatsächlich „wert“ ist.