Neue US-Empfehlungen zum Arthrose-Management

Das American College of Rheumatology (ACR) und die Arthritis Foundation haben ihre gemeinsamen Empfehlungen zum Arthrose-Management aus dem Jahr 2012 aktualisiert. In dem in der Zeitschrift „Arthritis & Rheumatology“ veröffentlichten 12-seitigen Übersichtspapier werden auf Basis aktueller Literaturdaten alle zur Verfügung stehenden Optionen zur Behandlung von Patienten mit Hand-, Hüft- und Kniearthrose bewertet. Einen besonders hohen Stellenwert nehmen nicht medikamentöse Maßnahmen wie körperliche Aktivität, Gewichtsreduktion und Orthesen ein.

Empfohlen wird von der US-amerikanischen Taskforce bei der Wahl der am besten geeigneten Therapie eine gemeinsame Entscheidungsfindung von behandelnden Ärzten und ihren Patienten. Zu berücksichtigen seien dabei die Präferenzen der Patienten und Komorbiditäten.

Es gibt eine Fülle von Therapieoptionen für Arthrose-Patienten, zu denen psychoedukative, Verhaltens- und psychosoziale Maßnahmen, physische Interventionen und Pharmakotherapie (topisch, oral, intraartikulär) zählen. Aus diesem Spektrum sollte für jeden Patienten ein individueller Therapieplan erstellt werden, der von den Patienten gut angenommen wird.

Hier die Empfehlungen der Taskforce im Einzelnen.

Teil 1: Nicht medikamentöse Maßnahmen

a) Hoher Empfehlungsgrad

  • Mit körperlichen Übungen können bei allen Arthroseformen gute Effekte erzielt werden. Die besten Evidenzen liegen für Patienten mit Hüft- und Kniearthrose vor, insbesondere zu Walking und anderen aeroben Trainingsformen. Spezifische Empfehlungen zu den günstigsten Übungen bei Arthrose-Patienten werden von den US-Wissenschaftlern nicht gemacht. Sie empfehlen, die Vorlieben der Patienten und die Zugänglichkeit zum Training zu berücksichtigen. Als weitere Option bei Hüft- oder Kniearthrose wird Thai-Chi genannt, das zur Stärkung von Muskeln und Balance und zur Sturzprävention geeignet sei.
  • Von einer Gewichtsreduktion profitieren vor allem übergewichtige und adipöse Patienten mit Knie- oder Hüftarthrose. Laut den Studiendaten ist bereits ein Gewichtsverlust > 5 Prozent mit einer Verbesserung der Prognose verbunden.
  • Psychoedukation mit multidisziplinären Programmen u. a. zur Stärkung der körperlichen Wahrnehmung und der Schutzmechanismen der Gelenke, das Setzen von Fitnesszielen ebenso wie die Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen der Pharmakotherapie sind sehr empfehlenswert.
  • Stöcke und Orthesen: Empfohlen wird Patienten mit Hüft- und Kniearthrose der Gebrauch von Stöcken; tibiofemorale Kniestützen können für Patienten mit Kniearthrose eine wertvolle Hilfe sein; Handorthesen werden vor allem bei Beteiligung der Handwurzel- und Mittelhandknochen empfohlen.

b) Konditionale Empfehlungen

  • Hierzu zählen Balanceübungen (Hüft-/Kniearthrose), Yoga (Knie), kognitive Verhaltenstherapie (alle Formen), patellofemorale Stützbänder oder Klammern, Kinesiotapes (Knie, Hand), Hitze- oder Kälteapplikationen, Radiofrequenzablation (Knie) und Akupunktur. Die besten Evidenzen für den Nutzen der Akupunktur gibt es bei Kniearthrose.

c) Wenig Evidenz bzw. keine Evidenz

  • Modifizierte Schuhe und Einlegesohlen (Hüft- und Kniearthrose)
  • Massage und manuelle Therapie
  • Nicht empfohlen wird die TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation) bei Knie- und Hüftarthrose.

Teil 2: Pharmakotherapie

a) Hoher Empfehlungsgrad

  • Topische NSAR werden bei Patienten mit Kniearthrose stark empfohlen und sollten stets vor dem Einsatz oraler NSAR erwogen werden.
  • Orale NSAR sind bei allen Arthroseformen bei kurzzeitiger Anwendung von hohem Nutzen. Unabhängig von der Lokalisation der Arthrose sollten orale NSAR nach Ansicht der US-Wissenschaftler gegenüber allen anderen oralen Medikationen bevorzugt werden.
  • Intraartikuläre Glukokortikoidinjektionen, ebenfalls kurzfristig, werden bei Patienten mit Hüft- oder Kniearthrose ebenfalls stark empfohlen. Eine Injektion in die Hüftgelenke sollte dabei möglichst unter Ultraschallkontrolle erfolgen.

b) Konditionale Empfehlungen

  • Topische NSAR kommen auch für Patienten mit Handarthrose infrage, allerdings kann diese Option bei häufigem Händewaschen sehr eingeschränkt sein.
  • Topisches Capsaicin ist eine weitere Therapieoption bei Kniearthrose. Patienten mit Handarthrose sollten damit aufgrund des möglichen Risikos einer Kontamination der Augen eher nicht behandelt werden.
  • Intraartikuläre Glukokortikoidinjektionen können auch bei Patienten mit Handarthrose erwogen werden, allerdings fehlen Studien zu dieser Indikation.
  • Paracetamol wird als Option zur Schmerzlinderung genannt (mit allerdings nur geringem Effekt) und kommt vor allem für Patienten infrage, bei denen NSAR kontraindiziert sind. Weitere Therapiemöglichkeiten sind Duloxetin und Tramadol, auch in Kombination mit NSAR. Nicht Tramadol-Opioide sollten nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden, vor allem, wenn andere Optionen zur Schmerzlinderung ausgeschöpft sind.
  • Chondroitinsulfat kann bei Patienten mit Handarthrose erwogen werden; nicht empfohlen wird Chondroitinsulfat (auch in Kombination mit Glucosamin) bei Hüft- oder Kniearthrose.

c) Wenig Evidenz bzw. kein Effekt

  • Nicht empfohlen werden bei Arthrose-Patienten Bisphosphonate, Glucosamin, Hydroxychloroquin, Methotrexat, intraartikuläre Injektionen von Hyaluronsäure bei Hüftarthrose, Stammzellinjektionen bzw. Behandlung mit Plättchen angereichertem Plasma (Hüfte, Knie) sowie der Einsatz von Biologika (TNF-Blocker, Interleukin-1-Blocker).
  • Wenig Evidenzen gibt es für den Nutzen von Colchicin, Botulinumtoxin i. a. (Hüfte, Knie), Prolotherapie (Hüfte, Knie) wie auch von Nahrungsergänzungsmitteln wie Fischöl und Vitamin D.

QUELLE

  • Kolasinski SL, Neogi T, Hochberg MC et al. 2019 American College of Rheumatology/Arthritis Foundation Guideline for the Management of Osteoarthritis of the Hand, Hip, and Knee. Arthritis & Rheumatology 2020; 72(2): 220-233