Abrechnungsbetrug eines privat-liquidierenden Arztes

von RA Dr. Carsten Wegner, FA für Strafrecht, Kanzlei Krause & Kollegen, Berlin

Ein strafrechtlicher Schaden kann auch dann gegeben sein, wenn insgesamt betrachtet eine Leistung vorliegt, die dem Patienten zugutekommt (Urteil des Bundesgerichtshofs [BGH] vom 25.1.2012, Az: 1 StR 45/11).

Sachverhalt

Der angeklagte Arzt A. gab u.a. Spezial­laborleistungen bei einem Labor in Auftrag, wo die Proben seinen Wünschen entsprechend beprobt wurden. Die Ergebnisse wurden ihm per Datenfern­übertragung übermittelt. Die erbrachten Leistungen des Laborarztes wurden von diesem nicht gegenüber den Patienten geltend gemacht. Vielmehr wurde dem A. die Laborleistung zu einem niedrigen Betrag in Rechnung gestellt. A. rechnete sodann gegenüber Privatpatienten die durchgeführten Untersuchungen als eigene ab, regelmäßig unter Geltend­machung des Standard-Erhöhungsfaktors nach § 5 Abs. 4 GOÄ.

Entscheidungsgründe

Der BGH bestätigt die erfolgte Verurteilung wegen Betrugs nach § 263 Strafgesetzbuch, weil A. die abgerechneten Leistungen nicht selbst erbracht hat. Es entspricht laut BGH gefestigter Rechtsprechung zum Abrechnungsbetrug bei Vertragsärzten, dass derjenige, der Leistungen abrechnet, in juristischer Hinsicht nicht nur behauptet, dass er zur Abrechnung befugt ist, sondern dass auch die Voraussetzungen der der Abrechnung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften eingehalten wurden.

Dies gilt nach Ansicht des BGH auch für privat liquidierende Ärzte: Die Patienten hätten darauf vertraut, dass die Rechnungen des Arztes korrekt erstellt wurden und an die Rechtmäßigkeit der Abrechnung geglaubt. Umgekehrt gilt folglich: Wer eine Leistung einfordert, bringt damit zugleich das Bestehen des zugrunde liegenden Anspruchs – hier also die Abrechnungsfähigkeit der in Rechnung gestellten ärztlichen Leistung – zum Ausdruck.

Praxishinweis

Ärzten sollte bewusst sein, dass die Straf­senate des BGH in Abrechnungsfragen eine sehr formale – also strenge – Betrachtungsweise anstellen. Es ist insofern auch nicht relevant, dass dem Patienten im Gesamtkontext eine Behandlungsleistung zugeflossen und ihm insgesamt rechnerisch kein Schaden entstanden ist. Auch dass eine erneute Behandlung an sich unsinnig wäre, ändert an dieser formalen Betrachtungsweise nichts.