Aktualisierte Impfempfehlungen für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen

Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen haben aufgrund ihrer Grunderkrankung, Komorbiditäten und immunsuppressiven Therapie ein erhöhtes Infektionsrisiko. Umso wichtiger ist für diese Patienten ein umfassender Impfschutz, der in der Praxis aber oft vernachlässigt wird. Die European League Against Rheumatism (EULAR) hat kürzlich ihre Impfempfehlungen für erwachsene Patienten mit entzündlichen-rheumatischen Autoimmunerkrankungen (AIIRD) aktualisiert.

Impfungen sind für diese Patientengruppe besonders wichtig, betont die Taskforce der EULAR in ihren neuen Empfehlungen (1), die die bisherigen aus dem Jahr 2011 ersetzen. Mit der Infektionsprophylaxe könne die Rate von Klinik- und Notfalleinlieferungen wie auch das Auftreten invasiver Infektionskrankheiten reduziert werden.

Auf Basis eines Literatur-Reviews haben sich die Experten auf sechs übergeordnete Impfprinzipien und neun Empfehlungen für erwachsene Patienten mit AIIRD geeinigt. Die Kernaussagen decken sich im Wesentlichen mit den ebenfalls im letzten Jahr veröffentlichten Anwendungshinweisen zu den von der STIKO empfohlenen Impfungen bei Patienten mit Immundefizienz (2).

Sechs übergeordnete Prinzipien

I. Der aktuelle Impfstatus und die Indikationen für weitere Impfungen sollten bei AIIRD-Patienten jährlich durch das rheumatologische Behandlungsteam abgeklärt werden.

II. Das individualisierte Impfprogramm sollte den Patienten i. S. eines „shared-decision-making“ vom rheumatologischen Behandlungsteam erläutert und in Kooperation mit den Patienten durch Hausärzte oder Rheumatologen umgesetzt werden.

III. Impfungen sollten bei AIIRD-Patienten bevorzugt im inaktiven Krankheitsstadium verabreicht werden.

IV. Impfungen sollten nach Möglichkeit vor Beginn einer geplanten immunsuppressiven Therapie, insbesondere einer B-Zell-Depletion, erfolgen, um ein optimales Ansprechen zu gewährleisten. Gleichzeitig betonen die Experten, dass bei schwer Erkrankten der Beginn einer dringend notwendigen immunsuppressiven Therapie dadurch nicht hinausgezögert werden sollte.

V. Impfungen mit Totimpfstoffen können bei AIIRD-Patienten auch während einer Behandlung mit systemischen Glukokortikoiden oder DMARDs erfolgen.

VI. Lebendimpfstoffe (Mumps-Masern-Röteln, Typhus oral, Varizellen, Gelbfieber) sollten bei AIIRD-Patienten vorsichtig eingesetzt werden.

Neun spezifische Impfempfehlungen

1. Influenza-Impfungen sollten bei der Mehrheit der Patienten konsequent umgesetzt werden.

2. Das Gleiche gilt für die Pneumokokken-Impfung, die ebenfalls bei den meisten AIIRD-Patienten stark empfohlen wird.

3. AIIRD-Patienten sollten (Toxoid-)Tetanusimpfungen nach den gleichen Kriterien wie die Allgemeinbevölkerung erhalten. Eine passive Immunisierung sollte bei Patienten mit T-Zell-depletierender Therapie erwogen werden.

4. Hepatitis A-/B-Impfstoffe sollten Risikopatienten verabreicht werden (u. a. HAV- bzw. HBV-seronegative Patienten, die in Risikogebiete reisen). In spezifischen Situationen, z. B. HBV-Exposition eines ungeimpften Patienten, kann eine Booster- bzw. Passiv-Immunisierung notwendig sein.

5. Eine Herpes zoster-Impfung sollte nur bei Hochrisiko-Patienten (u. a. mit entzündlicher Myositis, SLE) erwogen werden.

6. Eine Gelbfieber-Impfung sollte bei AIIRD-Patienten generell vermieden werden.

 7. AIIRD-Patienten, insbesondere Patienten mit SLE, sollten eine HPV-Impfung in Übereinstimmung mit den Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung erhalten.

8. Immunkompetente Mitglieder des gleichen Haushalts wie AIIRD-Patienten sollten nach den nationalen Impfempfehlungen geimpft werden.

9. Bei Neugeborenen von Müttern, die in der zweiten Schwangerschaftshälfte mit Biologika behandelt worden sind, sollten in den ersten sechs Lebensmonaten Impfungen mit Lebendimpfstoffen vermieden werden.

Quellen

  • 1) Furer V, Rondaan C, Heijstek MW, et al. 2019 update of EULAR recommendations for vaccination in adult patients with autoimmune inflammatory rheumatic diseases. Ann Rheum Dis 2019; doi: 10.1136/annrheumdis-2019-215882
  • 2) Wagner N et al. Impfen bei Immundefizienz. Bundesgesundheitsbl 2019; 62:494–515