Auch bei guter Entzündungskontrolle bei RA-Patienten weiterer individueller Behandlungsbedarf

Die Treat-to-Target-Strategie (T2T) – d. h., die Definition eines bestimmten Therapieziels, das regelmäßige Kontrollieren der Therapiefortschritte hinsichtlich Behandlungsziel und bei Bedarf eine Anpassung der Therapie, um eine möglichst niedrige Krankheitsaktivität bzw. eine Remission zu erreichen – zählt beim Management von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) zu den wichtigsten Grundsätzen einer modernen Therapie. Aber selbst bei Erreichen der T2T-Ziele haben einige Patienten weiterhin Beschwerden, vor allem funktionale körperliche Beeinträchtigungen, Schmerzen und Fatigue. Das verdeutlichen die Daten eines systematischen Literaturreviews von 53 Studien. Die Autoren empfehlen, die RA-Therapie auch nach individuellen Behandlungszielen auszurichten.

Material und Methoden

Unter den 53 ausgewerteten Untersuchungen waren zehn randomisierte kontrollierte Studien. Die Studienteilnehmer waren RA-Patienten ab 18 Jahren aus Europa, Kanada, den USA und Japan, die mit konventionellen und/oder biologischen DMARDs oder Januskinasen-Inhibitoren behandelt wurden. Außer den T2T-Zielen, die i. d. R. mit dem Disease Activity Score (DAS) 28 bewertet wurden (Remission: DAS28 < 2,6; niedrige Krankheitsaktivität [low disease activity, LDA]: DAS28 < 3,2), wurden auch von den Patienten angegebene Beschwerden (patient-reported outcomes, PROs) als Endpunkte bewertet.

Eingeschränkte körperliche Funktionalität

Eine eingeschränkte körperliche Funktionalität zählt laut Literaturreview zu den häufigsten Beschwerden von RA-Patienten während einer Therapie. In 34 Studien, darunter sechs randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), wurden funktionale körperliche Beeinträchtigungen als Symptom genannt. I. d. R. wurde die körperliche Funktionalität mit dem Health Assessment Questionnaire (HAQ) oder HAQ-Disability Index (DI) beurteilt, wobei ein HAQ-DI < 0,5 auf eine normale Funktionalität hinweist. Die HAQ-Scores variierten in den Studien von im Mittel 0,23 – bei Patienten, bei denen frühzeitig eine Remission erreicht wurde – bis 0,81 bei Patienten mit LDA.

In einer Studie berichtete ein Fünftel der Patienten über anhaltende Beeinträchtigungen der physischen Funktion, obwohl der HAQ-DI im Mittel bei 0,3 lag. Auch in 21 nicht randomisierten Studien wurde der HAQ bewertet. Die Werte reichten von 0,1 bei Patienten mit höchstens noch einem geschwollenen oder empfindlichen Gelenk bis zu 1,4 bei Patienten mit LDA.

Schmerzen

Schmerzen wurden in 17 Studien, darunter drei RCTs, als Symptom unter Therapie berichtet. Meistens wurden die Schmerzen per visueller Analogskala (VAS, Skala von 0-100) beurteilt. Auch hier galt: Patienten mit geringer Entzündungsaktivität hatten häufiger Beschwerden als Patienten in Remission. Mit der Dauer einer anhaltenden Entzündungskontrolle nahmen Häufigkeit und Intensität von Schmerzen ab. Nur in vier Studien lagen die mittleren VAS-Scores unter 10 mm; in allen Studien war bei den Behandelten eine Remission erreicht worden. Bei Patienten mit LDA reichte der VAS-Score im Mittel von 12,8 bei Patienten mit anhaltend niedriger Krankheitsaktivität bis zu 28,3 bei Patienten mit gutem bis mittelgradigem Ansprechen nach den EULAR-Kriterien.

Fatigue und weitere Symptome

Fatigue wurde in 14 Studien, darunter fünf RCTs, als Symptom berichtet. Von diesen fünf Studien wurden nur bei drei der Mittelwert bestimmt, welcher bei allen > 10 mm lag. In einigen wenigen Studien wurden auch Hinweise auf vermehrte Schlafstörungen und häufigere depressive Verstimmungen und Angststörungen von RA-Patienten gefunden. Solche Symptome wurden insgesamt in den Studien selten bewertet.

Fazit

Wer beim Management von RA-Patienten allein auf die Entzündungsaktivität als Therapieziel setzt, unterschätzt häufig anhaltende Beschwerden wie eingeschränkte Funktionalität, Schmerzen und Fatigue. Die Autoren empfehlen auch die Beurteilung von PROs, um die Lebensqualität der Patienten weiter zu verbessern.

 

Quelle

  • Michaud K, Pope J, van de Laar M, et al. A systematic literature review of residual symptoms and unmet need in patients with rheumatoid arthritis. Arthritis Care Res 2020; doi.org/10.1002/acr.24369