Empfehlungen zum Screening und zur Prophylaxe von Infektionen

Patienten mit autoimmunen entzündlichen rheumatischen Erkrankungen (AIIRD) haben bekanntlich ein erhöhtes Risiko für chronische und opportunistische Infektionen, insbesondere unter einer Therapie mit Immunsuppressiva oder Immunmodulatoren. Bereits vor der Behandlung sollten die Patienten auf solche Infektionen gescreent werden. Eine Taskforce der European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) hat Empfehlungen dafür erarbeitet. Das Ergebnis sind vier übergeordnete Prinzipien und acht Empfehlungen („Points to consider”) 

Vier übergeordnete Prinzipien

  • A: Gemeinsame Entscheidungsfindung: Über das Infektionsrisiko sollten die Patienten vor und regelmäßig während der Therapie mit konventionellen (cs), biologischen (b) und gezielt wirkenden (ts) krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) aufgeklärt werden. Die Patienten sollten wissen, wie sie frühzeitig eine Infektion erkennen und wann sie schnell medizinische Hilfe suchen sollten.
  • B: Multidisziplinäres Management: Rheumatologen sollten mit anderen Spezialisten (Infektiologen, Pneumologen, Hepatologen, Gastroenterologen) bei der Prophylaxe und beim Management chronischer und opportunistischer Infektionen zusammenarbeiten.
  • C: Individualisiertes Vorgehen: Individuelle Patientenfaktoren (Alter, Komorbiditäten, Medikationen, Reiseverhalten, Rauchen) sollten bei den Entscheidungen berücksichtigt werden.
  • D: Nationale/Regionale Unterschiede: Nationale und regionale Empfehlungen, etwa zur Prävalenz von Pathogenen, sollten beim Management von AIIRD-Patienten berücksichtigt werden.

Acht Empfehlungen

  • 1. Ein Screening auf Tuberkulose (TB) wird bei allen Patienten vor Beginn einer Therapie mit bDMARDs und tsDMARDS empfohlen und sollte auch vor dem Einsatz von csDMARDs, Immunsuppressiva und Glukokortikoiden (abhängig von Dosis und Dauer) erwogen werden, insbesondere bei Patienten mit Risikofaktoren für TB wie Alkoholabusus und Rauchen.
  • 2. Ein Screening auf eine latente TB sollte entsprechend (inter)nationaler Empfehlungen erfolgen und umfasst i. d. R. einen Röntgenthorax und einen Interferon-Gamma Release Assay (IGRA), der laut Expertengruppe möglichst gegenüber einem Tuberkulin-Hauttest zu bevorzugen ist.
  • 3. Bei einer evtl. TB-Therapie müssen potenzielle Interaktionen zwischen den Medikamenten und Präparaten zur Behandlung von AIIRD berücksichtigt werden.
  • 4. Alle Patienten müssen vor Beginn einer antientzündlichen Rheumatherapie auf eine Hepatitis-B-Virus (HBV)-Infektion gescreent werden. Träger von HBV oder einer zurückliegenden Infektion haben ein erhöhtes Risiko für eine HBV-Reaktivierung und sollten evtl. eine Prophylaxe erhalten.
  • 5. Ein Screening auf eine Hepatitis-C -Virus(HCV)-Infektion sollte vor Therapiebeginn ebenfalls erwogen werden. Empfohlen wird das Screening bei Patienten mit Risikofaktoren für eine HCV-Infektion oder auffälligen Leberwerten wie erhöhter Alanin-Aminotransferase.
  • 6. Ein HIV-Screening wird vor Beginn einer Biologikatherapie empfohlen und sollte auch vor dem Einsatz von csDMARDs, tsDMARDs, Immunsuppressiva und Glukokortikoiden erwogen werden.
  • 7. Patienten, die laut Anamnese nicht immun gegen das Varizella-zoster-Virus sind, sollten über die Bedeutung der Postexpositions-Prophylaxe nach Kontakt mit einer infizierten Person informiert werden.
  • 8. Eine Prophylaxe gegen die Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie sollte bei Patienten unter hochdosierten Glukokortikoiden erwogen werden, insbesondere bei kombinierter Behandlung mit Immunsuppressiva.

Quelle

  • Fragoulis GE, Nikiphorou E et al.: 2022 EULAR recommendations for screening and prophylaxis of chronic and opportunistic infections in adults with autoimmune inflammatory rheumatic diseases, Ann Rheum Dis 2022, Epub; doi.org/10.1136/ard-2022-223335