Kein Anspruch des Arztes auf Löschung einer Schulnotenbewertung

von RA Nico Gottwald, Ratajczak & Partner, Sindelfingen, www.rpmed.de 

Ein Arzt hat keinen Anspruch auf die Löschung einer schlechten Bewertung nach dem Schulnotenprinzip auf einem Internet-Bewertungsportal. Dies entschied das Landgericht Kiel mit Urteil vom 6. Dezember 2013 (Az. 5 O 372/13).

Der Fall 

Die Beklagte betreibt ein Internetportal, auf dem auch Bewertungen über Ärzte veröffentlicht werden können. Unter dem Profil des klagenden Frauenarztes folgte ein Bewertungstext sowie eine Notenbewertung. Mit der Notenbewertung können einzelne Kriterien wie Behandlung und Aufklärung nach dem Schulnotensystem von 1 bis 6 bewertet werden. Der Kläger erhielt dabei die Gesamtnote 4.4, wobei die Kriterien Behandlung und Aufklärung jeweils mit einer 5 bewertet wurden.

Auf eine Beanstandung des Klägers hin löschte die Beklagte den Text zur Bewertung, lehnte eine Löschung der Notenbewertung aber ab.

Die Entscheidung 

Das LG Kiel wies die Klage ab. Die Bewertungskriterien wie „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Praxisausstattung“ knüpften zwar an einen Tatsachenkern an; die Bewertung dieses Tatsachenkerns in der Form von Noten stelle aber ein Werturteil dar, das von der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) geschützt sei, da hier die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten sei.

Bewertung 

Das Urteil überzeugt nicht. Die bisherige Rechtsprechung zu Bewertungsportalen geht davon aus, dass der Nutzer die von ihm verbreiteten Tatsachenbehauptungen nachweisen muss; sonst ist er zur Unterlassung verpflichtet (u.a. Landgericht Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 8.5.2012, Az. 11 O 2608/12).

Wird der Betreiber des Portals auf eine mögliche Rechtsverletzung hingewiesen, ist er gehalten, den Sachverhalt aufzuklären, wenn der betroffene Arzt Anhaltspunkte benennt, dass die Äußerungen nicht zutreffend sein können. In einem solchen Fall muss der Betreiber den Nutzer kontaktieren und sich die Tatsachen belegen bzw. erläutern lassen. Warum dies bei schlechten Notenbewertungen nicht möglich sein soll, erschließt sich nicht.

Die Bewertung in Form von Noten mag ein Werturteil darstellen – allerdings ein Werturteil, das auf Tatsachengrundlagen beruht. Auch eine schlechte Notenbewertung kann eine Schmähkritik darstellen, wenn sie auf unzutreffenden Tatsachengrundlagen beruht und willkürlich abgegeben wurde. Entscheidend ist für den Arzt doch gerade diese Gesamtbewertung in Form einer Schulnote, die auf den Bewertungsportalen oft direkt neben seinem Namen vermerkt wird.

Fazit

Nach den bisherigen Urteilen mussten die Nutzer vorsichtig sein mit Tatsachenbehauptungen. Künftig können sie sich auf dieses Urteil berufen und unter dem Schutz der Meinungsfreiheit willkürliche Notenbewertungen vergeben.