So vermeiden Sie Risiken bei der Abtretung von Honorarforderungen an Verrechnungsstellen

von RA und FA für Medizinrecht Dr. Tilman Clausen, Hannover, www.spkt.de 

Die Abtretung einer privat(zahn-)ärztlichen Honorarforderung an eine Verrechnungsstelle setzt eine wirksame Einverständniserklärung des Patienten voraus. Nicht immer kann man sich aber darauf verlassen, dass solche Einverständniserklärungen gültig sind. Dies zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig vom 13. September 2012 (Az. 1 U 31/11), das eine formularmäßige Einverständniserklärung als unwirksam verwarf. Was bedeutet dieses Urteil für Ärzte?

Folgen unwirksamer Einverständniserklärungen 

Üblicherweise stellen privatärztliche Verrechnungsstellen ihren Arzt-Kunden auf Formblättern vorformulierte Einverständniserklärungen zur Verfügung, die sich diese wiederum von ihren Patienten unterschreiben lassen. Sind solche Einverständniserklärungen unwirksam, kann daraus der Verdacht des Verstoßes gegen die ärztliche Schweigepflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) durch den Arzt erwachsen. Die Abtretung wird dann nach § 134 BGB nichtig – mit der Folge, dass die Verrechnungsstelle die Honorarforderung mit dem Arzt als Zeugen nicht selbst geltend machen kann. Vielmehr muss der Arzt in diesem Fall selbst klagen – was im Einzelfall zu Beweisproblemen führen kann und in der Regel mit Aufwand und Ärger verbunden ist.

Das Urteil des OLG Braunschweig 

Im Urteilsfall wurde über die Wirksamkeit der Einverständniserklärung einer privat(zahn-)ärztlichen Verrechnungsstelle gestritten – nebenstehend der strittige Text. Das OLG Braunschweig sah diese vom Patienten unterschriebene Einverständniserklärung als unwirksam an. Laut Auffassung des Gerichts setzt ein wirksames Einverständnis des Patienten in die Weitergabe von Patientendaten voraus, dass der Patient die Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung überblicken kann und er eine im Wesentlichen zutreffende Vorstellung davon hat, in was er einwilligt. Er müsse deshalb wissen, aus welchem Anlass und mit welcher Zielsetzung er welche Personen von ihrer Schweigepflicht entbindet, und über Art und Umfang der Einschaltung Dritter unterrichtet sein.

Diesen Anforderungen würde die Einverständniserklärung der privat(zahn-)ärztlichen Verrechnungsstelle nicht genügen. Der Patient könne nicht erkennen, dass die sensiblen Patientendaten und Unterlagen zum Zwecke der Forderungsbeitreibung von der Verrechnungsstelle auch an die refinanzierende Bank weitergegeben werden können und diese dann als Forderungsinhaberin auftreten kann. Aufgrund dieser Unklarheiten im Text der Abtretung der Einverständniserklärung sei diese unwirksam.

Konsequenzen aus der Entscheidung 

Das Urteil des OLG Braunschweig ist noch nicht rechtskräftig, da das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen hat. Gleichwohl sollten Ärzte einen Blick auf die Einverständniserklärungen ihrer privatärztlichen Verrechnungsstelle werfen und überprüfen, ob sie unklare Formulierungen enthalten und daher angepasst werden müssen. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass der BGH der Rechtsauffassung des OLG Braunschweig nicht folgt; dies ist jedoch derzeit völlig offen und wird sich frühestens in ein bis eineinhalb Jahren entscheiden. Bis dahin kann die Entscheidung des OLG Braunschweig bei der Durchsetzung privatärztlicher Honorarforderungen zu erheblichen Schwierigkeiten führen.

Der Zahnarzt, der an dem vom OLG Braunschweig entschiedenen Verfahren beteiligt war, muss keine Bestrafung wegen Verstoßes gegen die ärztliche Schweigepflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB befürchten, weil es bei ihm an dem notwendigen Vorsatz gefehlt hat. Er durfte darauf vertrauen, dass die ihm von seiner privatzahnärztlichen Verrechnungsstelle zur Verfügung gestellte Einverständniserklärung wirksam ist. Dies könnte für andere (Zahn-)Ärzte irgendwann aber nicht mehr gelten, wenn sich die Rechtsprechung des OLG Braunschweig durchsetzt und andere Gerichte dieser Auffassung folgen.