Versorgungslandschaft Rheuma (VLR) – ein umfassender rheumatologischer Selektivvertrag nach §140 a ff. SGB V

von Dr. med. Edmund Edelmann, 1. Vorsitzender des Berufsverbands Deutscher Rheumatologen e.V., Facharzt für Innere Medizin – Rheumatologie

Die Techniker Krankenkasse, der Hausärzteverband und der Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V. haben Ende Juni einen wegweisenden integrierten Versorgungsvertrag unterzeichnet (die Vertragsinhalte finden Sie im Detail unter www.bdrh.de und www.proversorgung.de). Falls es keine verzögernden Beanstandungen des Bundesversicherungsamtes (BVA) gibt, wird der Vertrag nach §140 a ff. im Bereich der KV Bayerns und der KV Nordrhein zum 1. Oktober 2014 beginnen können – er ist bundesweit vorgesehen.

Der Vertragsinhalt 

Eine umfassende kooperative und integrierte Versorgung zwischen Hausärzten, internistischen Rheumatologen und Rheumakliniken von allen chronisch-entzündlichen Rheumaformen einschließlich der Verdachtsdiagnosen ist Vertragsinhalt des Versorgungsvertrages VLR. Pädiatrische Rheumatologen sind über die Transition eingebunden.

Teilnehmen können Hausärzte, die im Hausarztzentrierten Vertrag nach § 73 b mit der TK eingeschrieben sind, niedergelassene fachärztliche internistische Rheumatologen, ermächtigte internistische Rheumatologen, Instituts- und Universitätsambulanzen, Rheuma-Abteilungen/-Kliniken und pädiatrische Rheumatologen.

Die VLR ist bundesweit vorgesehen, das erste Roll-out beginnt in den größten Bundesländern in Bayern und Nordrhein. Mit einem Inkrafttreten der VLR ist Anfang September zu rechnen, mit dem Beginn der Abrechnung ab 1. Oktober 2014. Der Vertrag ist bis Ende 2018 geschlossen.

Die Vertragsorganisation  

Die Teilnahme am Vertrag ist wie bei allen Selektivverträgen grundsätzlich freiwillig. Der Vertrag ist nicht auf BDRh-Mitglieder begrenzt, es können auch Nichtmitglieder des BDRh teilnehmen, dies allerdings unter Inkaufnahme einer höheren Verwaltungsgebühr.

Vertragspartner der TK ist die Management-Gesellschaft Versorgungslandschaft Rheuma (VLR) GmbH. Gesellschafter der VLR GmbH sind die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft und der BDRh.

Für die am Vertrag teilnehmenden internistischen Rheumatologen und die Hausärzte wird die Abrechnung der Leistungen des Vertrages ausschließlich über ein von der VLR GmbH beauftragtes Rechenzentrum gehen. Die Vergütung erfolgt quartalsweise im Auftrag der VLR GmbH über das Rechenzentrum.

Vertragsziele 

1. Frühzeitige Diagnosestellung und Behandlung bei allen chronisch-entzündlich rheumatischen Erkrankungen (Früharthritis-Sprechstunde innerhalb von 14 Tagen)

2. Verringerung der Krankheitsaktivität und Erreichen der bestmöglichen Prognose.

Dies soll erreicht werden durch:

  • Frühzeitige Zuweisung zur differentialdiagnostischen Abklärung
  • Etablierung einer koordinierten Zusammenarbeit zwischen Haus- und Facharzt
  • Arzneimittelmanagement
  • Koordinierung der Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln
  • Wartezeitenmanagement
  • Verringerung der Krankheitsaktivität
  • Erhöhung der Funktionskapazität
  • Steigerung der Lebensqualität und Teilhabe der Patienten
  • Vermeidung von Doppeluntersuchungen

Die Honorarvereinbarung 

Die Vertragsziele spiegeln sich in der Honorarsystematik der Rheumatologen:Es erfolgt überwiegend eine pauschalierte Vergütung mit einer geringen Zahl an Einzelleistungen (Ausnahme: die fachspezifischen Laborleistungen). Die jeweilige Höhe der Vergütungen können der Anlage 3a des Vertrags entnommen werden.

  • Grundpauschale (GP) deckt nahezu alle EBM-Leistungen ab
  • Zusatzpauschale 1 (BPP1) bei Vorliegen einer rheumatologischen Begleiterkrankung/Komplikation
  • Zusatzpauschale 1 (BPP2) bei Vorliegen von mindestens zwei rheumatologischen Begleiterkrankungen/Komplikationen
  • Anmerkung: Die Zusatzpauschalen decken den zum Teil erheblichen therapeutischen und organisatorischen Mehraufwand bei Co- und Polymorbidität ab.
  • Transitionsprozess abrechenbar von pädiatrischen Rheumatologen, Rheumatologen und Hausärzten
  • Z1 Zuschlag auf strukturierte Patientenbetreuung (Rheumatologische Fachassistenz)
  • Patientenschulung STRUPI bei rheumatoider Arthritis
  • Z2 und Z3 Zuschläge Tight-Control bei > 5 und > 10 Arzt-Patienten-Kontakten pro Quartal
  • Z4 Laborzuschlag bei Abrechnung mindestens einer Laborleistung des fachspezifischen Labors
  • Z5 Zuschlag Dokumentation und Qualitätssicherung abrechenbar bei Dokumentation über RheumaDok, DocuMed etc. von DAS 26, BASDAI, ECLAM etc.
  • Infusionsleistung
  • Eingangsdiagnostik bei Erstvorstellungen mit V. a. entzündliche Rheumaform,
  • Gelenksonographie mit Power-Doppler
  • Osteologische Diagnostik einschließlich DEXA
  • Röntgendiagnostik (Skelett und ggf. Thoraxorgane)
  • Fachspezifische Labordiagnostik als Einzelleistungsvergütung nach EBM. Hinterlegt sind die von Rheumatologen abrechenbaren fachspezifischen OIII-Laborleistungen nach EBM-Vergütung.

Honorarsystematik der Hausärzte: Die Hausärzte, die am Vertrag VLR teilnehmen erhalten bereits eine ebenfalls überwiegend pauschalierte Vergütung über den HzV-Vertrag. Hinzu kommen zwei Leistungspositionen bei Teilnahme am VLR-Vertrag:

  • Kontaktabhängige Koordinierungs- und Kommunikationspauschale
  • Zuschlag Dokumentation und Monitoring

Fazit 

Für den BDRh wird die VLR den Einstieg in eine gänzliche neue Vertragswelt – und damit in ein neues Aufgabenfeld – bedeuten. Bundesweit ist dies der erste flächendeckende §140 a ff. Vertrag von Fachärzten mit dem Hausärzteverband.

Für uns Rheumatologen bietet es die Chance, erstmals Leistungen, die für eine qualitätsorientierte und leitlinien-gerechte Versorgung unabdingbar sind und für die bisher nur partiell eine KV-Vergütung vorgesehen war, ohne Budget und ohne Fallzahlbegrenzungen zu erbringen. Für die Rheumatologie ist es eine wichtige Chance über die „Sektorengrenzen“ hinweg zusammenzurücken und diese Grenzen zu überwinden.

Diese gemeinsam mit den Hausärzten gestaltete, strukturierte Versorgung könnte den Grundstein für eine kooperative, international beispielgebende rheumatologische Versorgung legen.